11 Punkte für mehr CX-Erfolg im Unternehmen - ein erster Rückblick auf die Diskussionen der Shift/CX 2021

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Die Shift/CX 2021 liegt nun schon einige Wochen zurück und immer noch wirken die Eindrücke der Konferenzwoche mit ihren Vorträgen und Diskussionen nach. Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch die Referentinnen & Referenten, Partner wie auch der über 550 Teilnehmer der Veranstaltung.

Die Mitschnitte der Vorträge sind mittlerweile in unserer Mediathek und werden rege genutzt, was uns auch sehr freut und bestätigt, dass es ein gutes Programm war (Registriert Euch hier für die aktuelle Aktion für einen kostenlosen 3-Monate-Mediathek-Vollzugang). Für einen Rückblick hat die Zeit bisher leider noch nicht gereicht, da wir schon wieder in der Vorbereitung der nächsten Veranstaltungen sind.

Aber das soll nun hiermit zumindest mal für einen ersten Teil nachgeholt werden und hoffentlich schaffen wir eine Rückblicksserie zum Shift/CX 2021.

Das "House of Shift/CX 2021" als Diskussions- und Handlungsstruktur für die CX-Aktivitäten in 2021

Die Shift/CX 2021 hatte mit ihrem Wochenprogramm eine Themenstruktur, die wir als "House of Shift/CX" bezeichnet hatten:

In dieser Struktur ordneten sich im Großen und Ganzen die Vorträge der Shift/CX ein. Sie bildeten für uns auch die wichtigen Handlungsfelder für CX-Aktivitäten in 2021 ab, die auch mit den Ergebnissen des CEX Trendradars von Harald Henn & Prof. Dr. Nils Hafner einhergeht:

In der Begleitung zu unserer Veranstaltung haben wir wichtige Screenshots aus den Präsentationen sowie Notizen gemeinsam mit den Teilnehmern in einem Mural-Board zusammengetragen. Das hochaufgelöste PDF mit den wichtigsten Screenshots aus den Präsentationen steht für alle Konferenzteilnehmer auf der Download-Seite (in der Live-Event-Umgebung oder hier auf unserer Website) zur Verfügung. Nicht-Teilnehmer der Veranstaltung können das PDF hier beziehen!

Im Zielsystem verankern - sonst wird das nichts mit der Umsetzung

Auf LinkedIn hatte ich kurz nach der Veranstaltung ein paar Punkte zusammengestellt, die vor allem die Diskussionsergebnisse des Fundamentes unseres "House of Shift/CX"  adressierten.

  1. CX muss in den Zielsystemen verankert werden - sonst wird das nichts.
    Kundenorientierung und Kundenhandeln darf kein reines "Lippenbekenntnis" bleiben, sondern muss "gelebt" werden. Die Umsetzung funktioniert nur, wenn die Zufriedenstellung des Kunden auch Teil des Zielsystems auf allen Ebenen ist. Die international anerkannte CX-Expertin Silvana Buljan führte hierzu in ihrer Keynote am ersten Tag aus, dass die CX durchaus ein Treiber für die Steigerung des Shareholder Values ist und somit auf oberster Ebene im Zielsystem wirksam wird. Von dort muss es aber rückwärts in die Zieldefinitionen der Organisation integriert sein, damit die Kundenorientierung nicht nur ein abstraktes Unternehmensziel ist, sondern Teil aller Anstrengungen. In der Experten-Diskussion mit Janine Kreienbrink, Prof. Dr. Nils Hafner, Dr. Peter Pirner und Daniel Renggli wurde herausgestellt, dass sich das CX-Ziel in einem ganzheitlichen KPI-Konzept der Organisation niederschreiben muss, da sonst die Accountability für die CX-Anstrengungen verpuffen.
  2.  CX muss Teil der Führungskultur sein - sonst kann es nicht umgesetzt werden.
    Der Hebel für eine kundenorientierte Kultur sind die Führungskräfte, die das Thema verstehen und in ihren Bereichen umsetzen. Hier braucht es sowohl ein Verständnis als auch eine Handlungsakzeptanz, um den Kunden in den Mittelpunkt alle Anstrengungen zu setzen. Für Monika Schulze (Zurich Deutschland) braucht es dabei immer einen Stuhl für den Kunden in den Entscheidungsgremien (siehe Mitschnitt). Gleichsam gilt, dass die Wertschätzung der Kunden immer nur über die Mitarbeiter erfolgen kann, was auch eine Wertschätzung der Mitarbeiter bedingt - damit diese den Kunden wertschätzen können. Dies betonten sowohl die Expertinnen Silvana Buljan und Monika Schulze in ihren Vorträgen.
  3. Bei der CX Transformation geht es um mehr als nur die reine Optimierung der Kundenreise
    Romana Aumer von A1 Telekom machte in ihrem Vortrag deutlich, dass es für das Transformationsergebnis sehr hilfreich ist, eine spezifische Organisationseinheit einzusetzen, die das Thema "treibt". Die Einheit sollte crossfunktional und integrierend wirken und die Veränderung des Mindsets von Führungskräften und Teams im Blickfeld ihrer Anstrenungen haben. Eine 360° Kundenorientierung heisst für sie auch immer digital, datenzentriert, crossfunktional und "End-to-End", was für die Transformationsanstrengungen auch bedingt, dass neben der Optimierung der Kundenreisen und Kundenerlebnisse und der Etablierung eines neuen strategischen Zielbildes weitere Veränderungen im Unternehmen vorangebracht werden müssen - wie z.B. die Befähigung der Mitarbeiter, das Performance Management oder die interne Kommunikation.

Lernpfad Customer Journey Management

Customer Experience Management darf keine Eintagsfliege bleiben, sondern erfordert eine dauerhafte, erkenntnisbasierte Optimierung

Die punktuelle Beschäftigung mit der Kundenorientierung aufgrund einmaliger Kundenvorfälle wurde in vielen Diskussionen der Shift/CX als zentrales Problem kritisiert. Statt einmaliger Aktionismus forderten die Experten und Praktiker eine langfristige Verankerung der CX-Anstrengungen in den Unternehmensaktivitäten:

  1. Der "Dienst am Kunde" muss eine Haltung sein - die als Maxime im gesamten Unternehmen gilt.
    In allen Vorträgen und Diskussionen der Shift/CX wurde betont, dass sich der Erfolg der CX-Anstrengungen erst langfristig und durch eine entsprechende "Haltung" auszahlt. CX-Aktivitäten dürfen nicht als kurzfristige Konzepte für mehr Umsatz verstanden werden, sondern als der Ausdruck eines Verständnisses vom "Dienst am Kunden", die Teil der DNA des Unternehmens ist. "Kundenservice muss eine Haltung sein" - betonte dabei die Service-Excellence-Expertin Sabine Hübner in ihrer Keynote am fünften Konferenztag. Diese Haltung zu kreieren - erfordert einen umfangreichen Veränderungsprozess mit kontinuierlichen Reflexionsprozesse.
  2.  Die Umsetzung von CX Aktivitäten braucht ein agiles Vorgehen - schnell mal ein Vorstoß, dann "testen, testen, testen" und mit Kundenfeedbacks weiter optimieren
    Sowohl Romana Aumer als auch Kim Döhler von Weitblick (Mitschnitt) zeigten wie Veränderungsmanagement geht. So forderte Romana Aumer ein agiles Vorgehen, denn sowohl die sich ständig verändernden Kundenanforderungen als auch die Veränderungen im Unternehmen und Umfeld bedingen ein flexibles Vorgehen. Auch Kim Döhler stellte heraus, dass es auf die Schnelligkeit in der Umsetzung ankommt. Beide Expertinnen unterstrichen aber auch, dass auf schnelles Handeln auch ein schnelles Testen und Feedbackauswerten folgen muss. Wichtig dabei sei - so betonte Kim Döhler - auch den Mut zu haben, Entscheidungen zu korrigieren.
  3. Kundenfeedbackanalysen (quantitativ & qualitativ) müssen "actionable insights" (Handlungsempfehlungen für Verbesserungen) für Erlebnisverbesserungen (Reparatur von Problemen) und Erlebniserweiterungen (Erschliessung neuer Wertpotentiale) bieten
    Als Grundlage aller CX-Aktivitätsentscheidungen braucht es Erkenntnisse über Probleme und Potentiale in der Kundenreise. Hierfür empfahlen alle Referierenden eine systematische Erfassung und Auswertung von Kundenfeedbacks. Die Erfassung eines Net Promoter Scores darf hierbei nur der Anfang sein - vielmehr braucht es ein differenziertes, ganzheitliches Bild über die Bewertung des Ist-Status der Kundenreisen, den Wünschen und Bedürfnissen für die Optimierung der Kundenreisen und den Daten zu Prozessen und Ergebnissen aus der unternehmensseitigen Erfüllung der Kundenerlebnisse. Madeleine Bacz führte in ihrem Vortrag an, wie sie bei Internet Stores über die Verdichtung von Feedback- und Beobachtungsdaten aus der Customer Journey Analyse, der Analyse dieser Daten hinsichtlich potentieller Pain Points & Verhaltensmuster und der Diskussion mit internen Kundenexperten (aus Customer Service und anderen Kundennahen-Bereichen) einem klareren Bild der "Baustellen" und Potentiale entlang der Customer Journey kommt, die dann hinsichtlich ihres Optimierungsbedarfs und Relevanz priorisiert und angegangen werden. Thorsten Riechers ergänzte in seinem Vortrag noch um die Empfehlung auch qualitative Datenanalysen
  4. Kundenerwartungen sind dynamisch - daher braucht es kontinuierliche CX Analyse und Erkenntnisgewinnung
    Da sich Kundenerwartungen ständig verändern, braucht es aus Sicht von Thorsten Riechers von IONOS kontinuierliche Datenerhebungsanstrengungen über Customer Journey Analysen sowie ergänzenden quantitativen wie qualitativen Research. Automatische Text-Mining-Lösungen können helfen unstrukturierte Text-Informationen zu analysieren und für die Erklärung von Zufriedenheitswerten heranzuziehen. Nutzertests und jetzt zu Corona-Zeiten als video-basierte Remote-Test mit viel weitläufigerer und kurzfristigerer Durchführbarkeit bieten weitere erklärende Erkenntnisse für Thorsten Riechers.

Der Beitrag von Thorsten Riechers zum analytischen Ansatz beim CX-Management von IONOS brachte es auf den Punkt. Die dauerhafte Optimierung der Kundenzufriedenheit muss in den obersten Zielsystemen verankert und ständig diskutiert werden. Als aggregiertes Priorisierungskriterium zählt hier der NPS zu den Top-KPIs im Unternehmen. Gleichsam wird aber der NPS-Wert durch eine Vielzahl von ergänzenden Analysedaten erklärt, da der NPS als alleiniges Kriterium nicht aussagefähig ist.

Die Umbrüche von Digitalisierung & Corona sind eine Chance für CX

Sind die Umbrüche durch Corona & der damit einhergehenden Zwangs-Digitalisierung eine Chance oder eine Gefahr für die CX-Anstrengungen? Diese Fragestellung haben wir bereits im Vorfeld der Shift/CX vielfach diskutiert und taten dies auch im Rahmen der Shift/CX Diskussionen. Wie auch der CX-Trendradar von Prof. Dr. Nils Hafner & Harald Henn zeigt, haben natürlich viele Unternehmen in 2020 zahlreiche Aktivitäten bezüglich der Digitalisierung der Kundeninteraktionen und des Kundenservice auf den Weg gebracht - damit sind sie aber in der Mehrzahl nicht immer auch gleich kundenorientierter geworden.

Dennoch lassen sich aus den Diskussionen der Shift/CX folgende Aussagen diesbezüglich treffen:

  1. Die erwirkte Zwangs-Digitalsierung bringt eine neue Notwendigkeit für die CX-Orientierung - aber auch vice versa
    In ihrem Vortrag am ersten Konferenztag führten die Experten Stefan Kolle & Benjamin Gebauer von infinit.cx verschiedene Untersuchungen auf, die einen Zusammenhang zwischen der durch COVID erzeugten Zwangs-Digitalisierung und der Kundenorientierung aufzeigen: Denn im Digitalen erhält der Kunden mehr Entscheidungsfreiraum entlang der Kundenreise und somit sind Unternehmen dort nur erfolgreich, wenn sie konsequent kundenorientierter handeln. Gleichsam liegen hier - nach den Worten von Kolle & Gebauer - aber auch die Umsetzungsprobleme. So können laut einer Umfrage des CMO Councils nur 35% der neuen digitalen Interaktionen die Kundenerwartungen übertreffen. Sprich - die Digitalisierung fordert eine Kundenorientierung, erwirkt aber nicht automatisch ein kundenorientiertes Handeln. In dem Grad der Kundenorientierung bei den aktuellen Digitalisierungsprojekten sehen Kolle & Gebauer aber die Trennung von Spreu & Weizen. Gleichsam sehen sie auch bei einer konsequenten Kundenorientierung eine natürliche Notwendigkeit zu digitaleren Angeboten - weil diese vom Kunden gefordert werden.
  2. Bei aller Digitalisierung - für CX darf der Human Touch nicht vergessen werden. Technologische Features dürfen nicht technisch kalt sein.
    Bei aller Euphorie um die aktuellen Digitalisierungsbestrebungen darf nach Monika Schulze aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Technologien per se nicht der "Disruptor" sind - sondern immer nur die besondere Kundenerfahrung. Sprich die Kunden immer im Mittelpunkt der digitalen Konzepte stehen - und nicht Automatisierungspotentiale. Und die Kundenerwartungen werden immer wieder durch Erfahrungen aus anderen Kontexten gesetzt - sprich jedes Unternehmen - auch im B2B - müssen sich letztlich mit den digitalen Platzhirschen wie Amazon vergleichen.
  3. Corona bringt vielfältige Umdenken-Anlässe - hier gilt es die Chancen für die Etablierung einer neuen CX-Denke zu nutzen
    Die Corona-Krise erfordert von zahlreichen Geschäftsmodellen ein Umdenken - um im Lock-Down zu überleben, Geschäft machen zu können oder im besten Fall nur sich unter den eingeschränkten Rahmenbedingungen ihre Geschäftstätigkeit ausüben zu können. Dies erzwingt Anlässe zum Umdenken des bisherigen Status-Quo von Prozessen und Konzepten - hier gilt es die Zeichen der Zeit zu nutzen und die Etablierung einer stärkeren Kundenorientierung im Unternehmen anzugehen.
  4. Zahlreiche Unternehmen sind derzeit auf dem Weg - und versuchen sich mit neuen Wegen, Ansätzen und neuen kundenorientierter Denke.
    Die Einblicke in die Herangehensweisen der Zürich Versicherung, A1 Telekom, Weitblick, IONOS und Internet Stores am ersten Konferenztag - aber auch den angeführten Ergebnissen aus zahlreichen Umfragen und Studien - zeigen deutlich, dass viele Unternehmen "auf dem Weg" sind und sich den Herausforderungen einer kundenorientierteren Herangehensweise stellen. Eine Organisation ist aber das Ergebnis des Zusammenwirkens einer Gruppe von Menschen - und hier liegt die Herausforderung, eine stärker kundenorientierte Denke in das alltägliche Handeln möglichst vieler Personen in der Organisation zu erwirken. Und das muss konsquent verfolgt werden, durch die richtigen Zielsysteme in die richtigen Bahnen gelenkt und gehalten werden und durch entsprechende Analyse- und Erkenntnisprozesse immer wieder überprüft, optimiert und gerechtfertigt werden. Erst dann wird sich in der Organisation über die Zeit (wieder) eine kundenorientiertere Denke in allen "Köpfen" in der Organisation verfestigen und sich auch im "Handeln" manifestieren.

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Dieser Beitrag ist der Startpunkt einer Rückblicksserie zum Shift/CX 2021.

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Beitragsbild: Bildquelle von PIRO4D