Yves Bollinger zu Customer Experience: Die meisten Menschen sind Kanal-Agnostiker

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Der nächste Interviewpartner unserer Reihe "Fünf Fragen & Fünf Antworten zur Web & Mobile Experience" für die Web Experience Arena ist Yves Bollinger. Yves Bollinger, Director Digital Strategy and Innovation bei DDB Düsseldorf arbeitet seit 12 Jahren in Agenturen und Unternehmen dafür, dass Informationen den Nutzer erreichen. Und dafür, dass bei dieser Begegnung nichts schief geht. Nach Stationen bei Kabel New Media, Interone, RP Online und als freischaffender Berater und Konzeptioner für u.a. argonautenG2, TBWA, Deutsche Telekom und sueddeutsche.de entwickelt er seit 2013 digitale Produkte und integrierte Strategien für Kunden wie Henkel und REWE. DDB auf Twitter @ddb_germany und auf Facebook.

1. Warum ist die “Customer Experience” im Digitalen so wichtig?

Auch wenn das Ziel immer sein sollte, den Kunden an allen Kontaktpunkten optimal zu „bedienen“, ist die Toleranzschwelle im Netz am niedrigsten. Gibt es die Unterscheidung zwischen Digital und analog noch? Ich würde unterstellen, dass die meisten Menschen Kanal-Agnostiker sind. Der Konsument sieht die Marke, er differenziert nicht zwischen on-und offline Erfahrung. Daher ist es essentiell an allen Touchpoints eine CX zu bieten die auf einem gemeinsamen Fundamt beruht.

2. Was macht für Dich/Sie eine gute (Web/Mobile) Experience Strategie aus?

Dass sie in erster Linie an den Bedürfnissen der Konsumenten ausgerichtet ist, nicht an den Zielen einzelner Abteilungen eines Unternehmens. Und dass sie konsequent einer Vision folgt, auf die sich alle Stakeholder verpflichtet haben. Last but not least: Ohne Commitment von oben geht nichts. Ein bisschen Customer Experience geht nicht. Denn darum geht es am Ende ja, die Marke möchte sich über Emotionen vom Wettbewerb differenzieren.
Lernpfad Customer Journey Management

3. Was ist die größte Herausforderung im Umgang mit dem “Digital Customer”?

Aufmerksamkeit zu gewinnen – und sie in eine relevante Beziehung für den Kunden zu überführen. Das ist sicher keine neue Erkenntnis - in einem sich ständig erweiterndem medialen Umfeld verpuffen kurzfristige Awareness-Schübe jedoch quasi in Echtzeit. Darin wiederum liegt aber auch eine riesige Chance für Unternehmen sich mit mittel- bis langfristig gedachten Services und kommunikativen Lösungen vom Wettbewerb abzusetzen.

4. Wo stehen die Unternehmen bei dem Thema? Was machen sie gut oder wo müssen sie nachlegen?

Customer Experience ist eine Meta-Disziplin. Als solche ist sie aber in den wenigsten Unternehmen wirklich etabliert. Viele Unternehmen sind in Einzeldisziplinen schon sehr weit, haben bspw. ein hoch entwickeltes eCRM. Kunden aber über alle Touchpoints hinweg sinnvoll zu begleiten und damit wiederum für die oben erwähnte Relevanz zu sorgen, gelingt den wenigsten.

5. Womit sollten die Projektüberlegungen bei diesem Thema anfangen?

Zunächst damit den Kopf frei zu bekommen und sich ein Stück vom Alltagsgeschäft zu verabschieden. Sehr gerne klein anfangen, jedoch in einem Bereich, der die Skalierung und den Roll-Out in die Gesamtorganisation erlaubt. Oft ist die Denke unternehmenszentriert, wo sie eigentlich markt- und konsumentenzentriert sein sollte. Dann gilt es, ein Team zusammenzustellen und diesem den Rücken frei zu halten. In allen Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die für dieses Thema brennen. Oft scheitert deren Engagement aber an der ersten Hürde – den klassischen Gaps zwischen Marketing vs. Vertrieb, on- vs. offline Organisation etc. Diese Sollbruchstellen zu vermeiden, hilft ein interdisziplinäres Team, das den Prozess von Anfang an gemeinsam geht.
Vielen Dank für das Interview, Herr Bollinger!