5 Schlüsseltrends, die die Customer Journey als strategisches Instrument hervorheben

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Im November veranstalten wir unsere nächste Customer Journey Konferenz. Sowohl in Vorbereitung auf diese Veranstaltung als auch im Zuge der anlaufenden Planungen für die Ausrichtung der Shift/CX Konferenzwoche 2024 beschäftigen wir uns gerade einmal mehr mit den Trends und Entwicklungen rund um das Customer Journey Management.

Was beeinflusst die Customer Journey Erwartungen aus Kundensicht und die Herangehensweisen beim unternehmensseitigen Customer Journey Management? Dies ist unsere Fragestellung für diesen und die nächsten Beiträge.

Den Start machen wir mit der Überlegung, welche bereits diskutierten und welche neuen „Consumer Trends & Entwicklungen“ Einfluss auf die kundenseitigen Erwartungen haben und was diese für die Umsetzung in das Customer Journey Management auf Unternehmensseite bedeuten.

Die Kunden und ihre Erwartungen an die Customer Journey als Ausgangspunkt

Die Customer Journey ist die „Interaktionsreise“ aus der Sicht der Kunden mit dem Unternehmen. Dabei kann es um die „Reise“ zur Kaufentscheidung, aber auch darüber hinaus gehen. Im Zeitalter der Customer Experience – sprich der Orientierung und Optimierung der Unternehmensaktivitäten an den Kundenerfahrungen – gilt es, die „Customer Journey“ immer weiter als nur bis zum Kauf zu denken.

Zudem ist bei der Diskussion der Customer Journey die kundenseitige Erwartung und das konkrete „Reisehandeln“ von den unternehmensseitigen „Reiseangeboten“ zu unterscheiden. So kann es sein, dass das Unternehmen andere Informations-, Service- und Interaktionsangebote vorsieht – als das, was von den Kunden gesucht oder erwartet wird.

Die Erwartungen der Kunden hinsichtlich der Angebote unterliegen hierbei auch einem ständigen Wandel und sind weder über die Zeit noch in Bezug auf Produkte und Themen einheitlich. Hier sollte aus Unternehmenssicht die für die eigenen Kunden relevanten Aspekte ermittelt und deren Veränderungen ständig zu verfolgt werden.

Dennoch gibt es übergreifende „Consumer Trends & Entwicklungen“, die für alle Branchen und Themenfelder einen gewissen Einfluss haben. Zu den allgemeinen Mega-Trends, die wiederkehrend in verschiedenen Studien wie z.B. Deloitte’s Global Consumer Trends, den Consumer Trends von Euromonitor oder den Consumer Index Auswertungen der GfK auftauchen, zählen:

  1. Individualisierung
  2. Nachhaltigkeit
  3. Digitalisierung bzw. Konnektivität

Deloitte sieht zudem eine Entwicklung hin zu einem „Conscious Consumerism“, was sowohl Nachhaltigkeitsaspekte als auch in Zeiten der Inflation zunehmend die „Affordability“ (Bezahlbarkeit bzw. Aspekte der Finanzkraft) beinhaltet. Insgesamt ist aber festzustellen, dass die Schere zwischen limitierten Einkommen und wohlsituierten Einkommen mit ausreichender Finanzkraft mittlerweile sehr weit aufgerissen ist, so dass dieser Aspekte sehr abhängig von der Zielgruppenausrichtung ist.

Mit Blick auf die kundenseitigen Erwartungen an die Customer Journey Umsetzungen sehen wir dabei folgende fünf Aspekte, die wir im Folgenden weiter diskutieren wollen:

  1. All Things Digital im Post-Covid-Zeitalter
  2. Dualität von Preis- & Experience-Sensitivität in Krisenzeiten
  3. Mehr Aufklärung im Digital „Grown Up“ Zeitalter
  4. Mehr Service-Excellence im Digital Consumer Plattform Zeitalter
  5. Mehr natürlich-sprachliche Excellence im New AI Zeitalter

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1. All Things Digital im Post-Covid-Zeitalter

Die Covid-19-Pandemie hat eine beispiellose digitale Transformation ausgelöst, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Customer Journey hatte. Während der Lockdown-Zeit haben die Konsumenten nicht nur gelernt, wie viel online möglich ist, sondern sie haben auch Angewohnheiten entwickelt, die auch im Post-Covid-Zeitalter nachwirken.

Vom mobilen Endgerät als Hauptnutzungsgerät im Privaten für alle Zielgruppen bis zum „Omnichannel“- und „Click & Collect“-Einkaufserlebnis im Retailing ist im Lockdown-Konsumentenverhalten vieles „normal“ geworden. Hieraus ergibt sich die Anforderung, dass die Kundenreisen heute eine konsistente und integrierte Erfahrung über alle Kontaktpunkte hinweg sein muss - sei es im Laden, online, oder über mobile Apps. Kunden schätzen nicht nur die Möglichkeit, sondern erwarten es sogar teilweise – dass sie problemlos von einem Kanal zum anderen wechseln können, etwa von einem Social-Media-Post zum Online-Shop oder vom Chatbot zum Kundenservice.

Dabei nimmt auch das Bedürfnis der Konsumenten nach Selbstbestimmung deutlich zu. Die Pandemie hat eine Kultur der Selbstbedienung und Eigenständigkeit gefördert, die nun in die Erwartungen an die Customer Journey einfließt. Ob es um das selbstgesteuerte Durchsuchen von Produktinformationen geht, das Einrichten personalisierter Benutzeroberflächen oder das Nutzen von Online-Checkouts ohne menschliche Interaktion – die Kunden legen großen Wert darauf, ihre eigenen Erfahrungen zu gestalten und zu kontrollieren.

Es ist wichtig für Unternehmen, diese erhöhten Erwartungen richtig zu interpretieren und in ihre Customer Journey-Strategien zu integrieren. Daraus ergibt sich eine zwingende Notwendigkeit für Unternehmen, ihre digitalen und physischen Angebote optimal zu verzahnen und gleichzeitig den Kunden die Freiheit und die Tools zu geben, um ihre eigene Reise zu gestalten.

In Summe zeigt sich, dass die Erwartungen der Konsumenten an eine moderne Customer Journey im Post-Covid-Zeitalter umfassender und komplexer sind als je zuvor. Das Beschäftigen mit der Customer Journey wird somit zu einem zwingend notwendigen Erfolgsfaktor für das Unternehmen.

2. Preis- & Experience-Sensitivität im Krisen-Zeitalter

Der Ukraine-Krieg und die Covid-Krise haben nicht nur die geopolitische Landschaft, sondern in ihren Folgen auch die ökonomischen Grundlagen für viele Konsumenten verändert. Vor diesen Krisen konnten sich Unternehmen durch den Preis oder die Experience differenzieren. Kunden, die Wert auf eine höhere Experience legten, waren in der Regel auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Doch die gegenwärtigen ökonomischen Unsicherheiten haben das Kundenerlebnis erheblich komplizierter gemacht. Die Erwartungen an die Experience sind weiterhin hoch, aber gleichzeitig ist ein Teil der Konsumenten gezwungen, stärker auf den Preis zu achten, was bei manchen Konsumentscheidungen wirksam wird.

Dieser scheinbare Widerspruch stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Die Lösung liegt zum Teil in der Digitalisierung und Automatisierung von Kundenservice und -interaktionen. Durch den Einsatz von Technologien wie KI, Chatbots und automatisierten Self-Service-Optionen können Unternehmen Kosten einsparen und gleichzeitig die Kundenerfahrung verbessern. Doch diese digitalen Lösungen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Die Kunden sind zwar angesichts knapper Ressourcen bereit, viele Interaktionen zu automatisieren, sie möchten jedoch nicht vollständig auf den menschlichen Faktor verzichten.
Wichtig dabei ist auch das Vertrauen, dass die Konsumenten in die Unternehmen und ihre Angebote besitzen. Positive Kundenerfahrungen bestätigen und verstärken das Vertrauen. Negative Erlebnisse beeinträchtigen das Vertrauen.

In der Konsequenz erfordert die aktuelle ökonomische Landschaft von den Unternehmen ein tiefgreifendes Verständnis für die sich schnell ändernden Erwartungen der Kunden. Es geht nicht mehr nur um Preis oder Experience; es geht um die geschickte Verschmelzung beider Aspekte. Eine den Erwartungen entsprechende Customer Journey ist dabei Enabler wie auch Verstärker für positive Erlebnisse und das Konsumentenvertrauen.

Lernpfad Customer Journey Management

3. Mehr Aufklärung im Digital „Grown Up“ Zeitalter

Die digitale Reife der Konsumenten hat in den letzten Jahren rapide zugenommen, ein Prozess, der durch die Lockdown-Phase der Corona-Zeit noch beschleunigt wurde. Zusätzlich mischen sich unter die Konsumenten zunehmend die Generation der „Digital Natives“. Der Trend zum „Conscious Consumerism“ zeigt auch, dass immer mehr Kunden heute gut informiert sind und digitale Kanäle nicht nur kompetent, sondern auch kritisch nutzen.

Dieses höhere Informationsniveau hat auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden verändert. Die Zeit der reinen Werbeslogans ist vorbei; stattdessen wünschen sich Konsumenten authentische, ehrliche Informationen. Zudem haben ethische Überlegungen wie Nachhaltigkeit und Marktfairness einen festen Platz in der Entscheidungsfindung der Konsumenten gefunden. Unternehmen sind daher gefordert, in ihrer Kommunikation und in der Gestaltung der Customer Journey diesen Aspekten Rechnung zu tragen.

Die Antwort darauf muss eine Customer Journey sein, die sowohl informativ als auch authentisch ist. Konsumenten möchten ein klares Bild von der Leistungsqualität eines Unternehmens erhalten, das nicht nur durch Marketing, sondern durch echte Erfahrungen gestützt ist. Hierzu können beispielsweise Kundenbewertungen, transparente Produktinformationen oder auch Einblicke in nachhaltige Produktionsprozesse gehören. 

Insgesamt zahlen diese Aspekte auch wieder in das Vertrauen und die Loyalität ein. Die große Herausforderung liegt dann darin, die Balance zwischen Information und Verkaufsförderung zu finden, denn am Ende des Tages muss auch das Unternehmen seine Refinanzierung durch Umsätze stützen.

4. Mehr Service-Excellence im Digital Consumer Plattform Zeitalter

Die großen digitalen Plattformen wie Amazon, Google, Facebook & Co setzen heute die Maßstäbe für den digitalen Kundenservice und die User Experience und sie wirken weit über ihre eigenen Ökosysteme hinaus. Von den Plattformen gelernt erwarten die Kunden intuitiven, schnellen und einfachen Service auf dem Niveau der großen Tech-Unternehmen – auch von dem kleinen Mittelständler.

Das setzt Unternehmen unter Druck, ihre Customer Journeys so zu gestalten, dass sie diesem hohen Standard gerecht werden. Dazu gehört neben einer schnellen Reaktionszeit auch die Möglichkeit zur Selbstbedienung durch gut gestaltete Benutzeroberflächen, intelligente Suchfunktionen und hilfreiche Chatbots. Auch der menschliche Kundenservice sollte nur einen Klick entfernt sein und durch Expertise überzeugen, sodass der Kunde sich gut aufgehoben fühlt.

Die Herausforderung für Unternehmen liegt in der schnellen Adaptation dieser hohen Standards in ihren eigenen Prozessen. Die Technologien und Methoden, um dies zu erreichen, sind zwar vorhanden, erfordern jedoch eine tiefgreifende Transformation der bestehenden Organisation und technischen Prozesssysteme, was nach wie vor viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt.

5. Mehr natürlich-sprachliche Excellence im New AI Zeitalter

Die Weiterentwicklungen in der KI-Technologie, insbesondere in der Conversational AI, haben die Kundenerwartungen an natürlich-sprachliche Interaktionen fundamental verändert. Angefangen mit einfacheren Ansätzen bis hin zu den aktuellen Generativen KI-Modellen wie ChatGPT, hat sich der Anspruch an die Qualität der Interaktion enorm gesteigert. Alte Modelle wie IVR (Interactive Voice Response) oder einfache, skriptgesteuerte Chatbots werden von den Konsumenten nur noch schlecht toleriert.

Die Kunden erwarten heute eine Interaktionslogik, die weit über die Grenzen der klassischen Such-Logik hinausgeht. Conversational Interfaces ermöglichen es, Fragen und Anliegen in natürlicher Sprache zu formulieren und entsprechend komplexe Antworten zu erhalten. Dies erhöht nicht nur den Komfort für den Kunden, sondern auch die Effizienz der gesamten Customer Journey, da viele Prozesse automatisiert werden können.

Trotz der Fortschritte in der Automatisierung durch KI bleibt der Bedarf an menschlicher Interaktion bestehen. Kunden möchten die Möglichkeit haben, an einem bestimmten Punkt ("Exit-Point") problemlos von einer KI-gesteuerten zu einer menschlichen Interaktion wechseln zu können. Unternehmen müssen daher klug entscheiden, wann und wo diese Übergänge in der Customer Journey am sinnvollsten sind.

Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen fortschrittlichen, KI-gesteuerten Interaktionsmöglichkeiten und der Notwendigkeit menschlicher Kontaktpunkte zu finden. Dies erfordert einmal mehr ein tiefgreifendes Verständnis der Kundenbedürfnisse sowie die Integration modernster Technologien in die Customer Journey, um den gestiegenen Erwartungen gerecht zu werden.

Die Customer Journey als strategisches Steuerungsinstrument im Kundenzeitalters

Die Veränderungen auf der Konsumentenseiten zeigen, dass die digitale Transformation weit mehr als ein technologischer Wandel ist; sie markiert den Beginn eines neuen Kundenzeitalters. In diesem Kontext hat die Customer Journey eine strategische Bedeutung erlangt, die weit über Planung und Optimierung der Transaktionsmodelle hinausgeht. Sie ist nicht nur ein Wegweiser für den Kunden, sondern ein strategisches Instrument für Unternehmen, um den dynamischen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.

Die Folgen der Dauerkrisensituation haben die Dringlichkeit einer kundenorientierten Strategie noch verstärkt. Unternehmen sind gefordert, sich schnell an eine volatile Umwelt anzupassen und die ständige Reflexion der Customer Journey ist dabei ein Muss. Sie ermöglicht ein ganzheitliches Verständnis von der Kundensicht und fördert die Anpassungsfähigkeit in unsicheren Zeiten.

Somit wird klar: Die Customer Journey ist der Schlüssel für den Unternehmenserfolg in diesem neuen Zeitalter – und wir müssen uns weiter damit auseinandersetzen, wie wir die Analyse, das Design und das Management der Customer Journey und seiner Erkenntnisse im Zusammenspiel mit dem unternehmensseitigen Wertschöpfungssystem optimieren können.

Welche aktuellen Trends und Veränderungen für das Customer Journey Management sehen, werden wir in einem zweiten Beitrag diskutieren. Bevor wir in einem dritten Teil noch einige Experten mit ihren Sichten zu Wort kommen lassen.

Insgesamt zeigt aber die Diskussion entlang der „Consumer Trends“ schon sehr deutlich, warum es einen fortwährenden Austausch zu diesem Thema braucht – wie wir ihn z.B. dieses Jahr im Rahmen der Shift/CX Customer Journey Konferenz am 08. & 09. November organisieren.

Für alle, die tiefer in das Thema „Customer Journey als Instrument“ einsteigen wollen, empfehlen wir die nachfolgenden Knowhow-Artikel sowie den Lernpfad „Customer Journeys richtig einsetzen: Kundenerlebnisse optimal planen und aussteuern“ von und mit Annika Björck.