Vom Datenproblem zum notwendigen Umdenken für eine funktionierende Marketing Automation - Rückblick auf das Conversation Café

image-25320

Bereits zur Shift/CX Auftaktveranstaltung im Dezember konnten wir in einer Expertenrunde über den Status-Quo zum Thema "Marketing Automation" sprechen und kamen zu dem Fazit, dass die Corona-Situation auch bei diesem Thema ein deutlicher Katalysator in den Projekten war und ist. Eine funktionierende, personalisierte und kontext-bezogene Kommunikation ist eine wertschätzende Aktivität, die vom Kunden nicht nur in der aktuellen Stress-Situation honoriert wird. Eine "funktionierender" Ansatz ist aber leichter gesagt - als umgesetzt, weshalb wir in einer erweiterten Runden eines Conversation Cafés der Shift/CX am 17. Februar der Fragestellung nochmals nachgegangen sind, welche Herausforderungen auf dem Weg zur Marketing Automation angegangen werden müssen.

Mit dabei waren Jenny Brawand (atedo), Dr. Michaela Hamori-Satzinger (factory42), Cécile Hefti (gateB), Mario Pufahl (ec4u expert consulting) und Daniel Renggli (Oracle).


Eine weitere Vertiefung zu diesem Thema mit Erfahrungsberichten aus der Praxis wie auch Expertenbeiträgen bietet auch der 4. Konferenztag der Shift/CX 2021 - also der 25. März 2021 - unter dem Motto "Mehr Kundenbegeisterung durch Dialogketten & KI". Im Mittelpunkt steht dabei die Diskussion um die rfolgreiche Ausgestaltung von Marketing Automation, die über E-Mail-Kommunikation hinausgeht, Erfolgsfaktoren für die automatisierte Kundenkommunikation und Möglichkeiten von massenhafter und individualisierter Dialogstrecken.


Das Datenproblem auf dem Weg zur Marketing Automation

Auf die Einstiegsfrage zur größten Herausforderung auf dem Weg zur Marketing Automation war sich die Diskussionsrunde gleich zum Start bereits sehr einig: Es sind die fehlenden bzw. unsauberen Daten in den Unternehmen. Letztlich basiert ein personalisierter und kontext-basierter Kommunikationsansatz mit individuellen Dialogkennen auf korrekten Daten über den "Dialogpartner" - hier Interessenten oder Kunden. Hier gibt es unterschiedliche Probleme je nach Größe der Unternehmen.

In mittelständischen Organisationen fehlt es hier neben den Daten auch oft am Know-How, die Daten zu einem funktionierenden Bild zusammenzusetzen. Die Verfügbarkeit der Daten, Prozesse für die fortlaufende Datenhygiene, die unterstützenden Technologien für die Datenzusammenführung und das Verständnis der Führungskräfte sind die wesentlichen Baustellen auf diesem Weg, an denen aber nicht nur KMU's, sondern auch große Unternehmen "kämpfen". Junge Unternehmen (Startups) haben hier manchmal den Vorteil, dass sie gleich vom Start weg die Kundeninteraktionen entlang von innovativen Journeys und Automatisierungen auf den Weg gebracht haben. In größeren Organisationen kommen oftmals noch die Herausforderungen der Silos und organisatorischen Entscheidungswege hinzu, welche zentrale Hürden in der Umsetzung darstellen - wenngleich auch hier wieder die Corona-Situation und die daraus resultierende Handlungsnotwendigkeit in manchen Organisationen als Hebel wirkt, nun endlich Marketing (welche die Hoheit über die Lead-Generierung im digitalen Bereich haben) und Vertrieb (welche im Lockdown nach alternativen Wegen zu Leads suchen) an einen Tisch zu bringen.

Neben der grundlegenden Verfügbarkeit von Daten wurde in der Runde immer wieder die Herausforderung der Vereinheitlichung und Zusammenführung der Daten als zentrale Herausforderung auf dem Weg angeführt. Als Stichwort wurde hier das Thema der "Datenharmonisierung" angeführt, was ja nicht erst seit dem Ziel der "Marketing Automation" im Unternehmen vorherrscht und mit diesem Thema nun eine zentrale Brisanz bekommen hat. Die technologischen Entwicklungen bieten hier heute aber verschiedenen Hilfsmittel, mit denen eine Datenaggregation mit deutlich weniger Aufwand betrieben werden kann. (In unserem Shift/CX Talk mit Daniel Renggli sprachen wir hierzu ja auch schon ausführlicher - siehe hierzu auch den zusammenfassenden Beitrag!) Mit Hilfe intelligenter Technologie können dabei in nicht harmonisierten Daten Relationen erkannt werden und über entsprechende Routinen vereinfacht und zum Teil automatisiert zusammengeführt werden. Das bietet den großen Vorteil, eine gute Datenqualität ohne aufwendige Datenharmonisierung zu realisieren. Wichtiger ist es tatsächlich darauf zu achten DSGVO-konform vorzugehen, dann sind auch einige "unsaubere" Daten vertretbar. Im Gespräch unterstreicht Daniel Renggli aber auch nochmals, dass das Ziel von guten Daten nicht aus dem Auge verloren werden sollte, dennoch hat bieten die neuen Technologien durchaus alternative "Überbrückungswege".

Weitere Zutaten für eine "gute" Marketing Automation

Im weiteren Gesprächsverlauf sprachen wir über die weiteren Herausforderungen und "Zutaten" für eine gute Marketing Automation. Dabei diskutierten wir anhand eines Schaubildes aus einem Beitrag von Juliane Waack im ec4u-Blog von Mario Pufahl, welches fünf Zutaten anführt:

Marketing Automation Grundlagen

Einführend zur weiteren Diskussion erläuterte Mario Pufahl die weiteren Aspekte neben der bereits diskutierten Datenproblematik: Neben den Daten braucht es natürlich auch den passenden "Content", welcher im richtigen Zeitpunkt an die richtige Persona ausgespielt werden kann. Bei den "guten Prozessen" kommt es auf die Realisierung von End-to-End-Konzepten an, dass die gesammelten und qualifizierten Kontakte auch in entsprechende Nachverfolgungsprozesse gelangen. Letztlich geht es hierbei wieder um das Zusammenspiel von Marketing und Vertrieb. Beim Punkt "gute Auswertungen" gilt es natürlich auch bei der Marketing Automation das Ergebnis der Interaktionsprozesse zu bewerten und ständig im Hinblick auf die Conversion zu optimieren. Am Ende des Tages gilt es aber bei der "Marketing Automation" eine "bereichsübergreifende Zusammenarbeit" zu realisieren. Hierbei ist es oft schwer im Unternehmen den richtigen Ansprechpartner zu finden und niemand fühlt sich für das Thema Marketing Automation zuständig. Organisatorisch muss vor allem hier noch einiges getan werden. Denn durch fehlende Zusammenarbeit geht auch oft ein Stück der Kreativität verloren, ergänzt Céclie Hefti. Nicht zu vergessen ist letztlich auch die passende Technologie, die im Schaubild über das Thema "Marketing Automation" im Zentrum repräsentiert wird. Hierbei betont Michaela Hamori-Satzinger, dass es ohne die Technologie natürlich nicht geht, aber oftmals steht diese auch zu sehr im Vordergrund und erweckt den Anschein, dass sich die Baustellen und Probleme allein durch die Technik lösen lassen - was natürlich falsch ist.

Lernpfad Customer Journey Management

Umdenken und Befähigung für eine Anlass-bezogene und Kanal-übergreifende Kommunikation

Ein zentrales Problem, welches die Runde weiter adressierte, sei, dass der Wille für eine individualisierte Kommunikation schon vorhanden sei, aber die Umsetzung dann doch oft an der nicht veränderten Herangehensweise bei der Ausgestaltung der Kommunikation scheitert. So wird zwar die individualisierte Kommunikation als Ziel definiert, die Umsetzung bleibt dann aber bei personalisierten Massen-Aussendungen stehen. Hier wird für die Runde definitiv zu kurz "gesprungen".

Der Weg muss in Richtung individueller Kommunikationsanlässe gehen und weg von klassischen Push-Kampagnen. Statt personalisierten Massen-Aussendungen sollten Routinen etabliert werden, mit denen z.B. automatisch Warenkorb-Abbrecher angesprochen werden, um diese zu reaktivieren. Dies bringt viel bessere Resultate, da hier auf ein individuelles Verhalten eingegangen wird. Die Ansprache über relevante Inhalte zu einem passenden Verhaltenskontext bzw. -anlass ist der Schlüssel zum Erfolg.

In manchen Branchen wie z.B. dem Online-Retail ist diese Denke bereits gut etabliert, aber in der Breite der Unternehmen braucht es hier noch ein konsequentes Umdenken beim "Marketing Automation Ansatz" - und letztlich auch eine Befähigung zur Durchführung.

Immer wieder müssen auch Führungskräfte noch von dem Thema und  von der besseren Wirksamkeit des Ansatzes im Gegensatz zu einer klassischen Kampagne überzeugt werden. Und auch hier gilt wieder, desto größer das Unternehmen, desto schwerer ist es die klassische Kampagnendenke aufzubrechen. Mario Pufahl führt hierzu zwei Beispielansätze an, wo dies gut gelungen ist:

  • Im ersten Beispiel führte er den Fall der Optimierung einer Kontaktanbahnung rund um einen Messeauftritt (aus Vor-Corona-Zeiten) an. Hier konnten Kosten gesenkt werden, da man eine Journey aufgesetzt hat, welche die Kunden bereits im Vorfeld abholen konnte. Das hat zu weniger Leads, aber zu mehr qualifizierten Leads und vor allem mehr Abschlüssen gesorgt.
  • Im zweiten Beispiel brachte er die Einführung eines CRM in der Finanzbranche an. Hier scheiterte es oft an der Datenpflege. Sales Enablement & Marketing Automation wurde genutzt um den Mehrwert bei den Mitarbeitern zu erhöhen. Durch die Kombination konnte die Zufriedenheit der Nutzer verbessert.

Bei beiden Fällen wurden die Vorteile durch Kostensenkung und indirekte Effekte ermöglicht und im Nachgang bewiesen. Um eine schnelle Validierung des Business Cases zu bekommen, empfiehlt Cécile Hefti ein einfaches A/B-Testing, bei dem die Effektivität klassischer Kampagnen mit dem Marketing Automation Ansatz verglichen werden. Aber auch hier braucht es immer ein "mutiges" Vorangehen, was immer auch eine Frage des Innovationswillens ist.

Insgesamt braucht es in den Unternehmen auch ein besseres Verständnis von der kanalübergreifenden Customer Journey und den daran ausgerichteten Kommunikationsansätzen. Für Omni-Channel Kommunikation kann man vieles technisch integrieren und realisiern, aber auch hier scheitert es oft am Organisationsaufbau. Jenny Brawand berichtet darüber, dass Entscheider in den Unternehmen meist noch zu wenig in Journeys denken und somit die Ansätze nicht wirklich kundenzentriert gespielt werden. Hier kommt es dann immer wieder zu nicht zusammenpassenden Aktionen auf unterschiedlichen Kanälen - da wir vielleicht der Kunde evt. schon anlassbezogen im Kundendialog und bekommt an anderen Kontaktpunkten noch klassische Kampagnennachrichten.

Abschliessend waren sich die Experten einig, dass die Kundenzentrierung sehr abhängig von der Branche ist. Wie eingangs schon dargelegt, wird der Handel schon sehr fortgeschritten angesehen, aber viele andere Branchen hinken da noch hinterher.

Empfehlungen für die nächsten Schritte

Zum Abschluss gaben die Experten noch einige Empfehlungen für die nächsten Schritte:

  • Zum einen sollte man die Bereitschaft und das Commitment im Unternehmen und den Teams stärken.
  • Auch sollte man einfach mal anfangen und sich mit einem Piloten an das Thema herantasten.
  • Bei einem kleinen Start mit agilem Vorgehen darf man aber auch nicht den Weitblick verlieren und sollte unbedingt Insellösungen vermeiden, das baut sonst unnötig Hürden auf.
  • Neue Wege sollten manchmal auch erstmal nur an konkreten Punkten in der Customer Journey ansetzen, bevor versucht wird, die gesamte Customer Journey zu berücksichtigen.
  • Und zum Schluss gab Michaela Hamori-Satzinger noch den Tipp, sich im Umfeld umzusehen. Dort gibt es sicher Unternehmen aus der eigenen Branche die im Bereich Marketing Automation eine Vorreiterrolle eingenommen haben. Man kann sich dadurch Inspiration holen und sehen was eigentlich überhaupt möglich ist.

Die Diskussion wurde natürlich aufgezeichnet und das Video kann hier jederzeit nochmals angesehen werden:

<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/QxVQQ0k-GGw" frameborder="0" allowfullscreen></iframe>

Weiterführende Diskussionen zu Entwicklungen im Bereich Marketing Automation