Customer First ist ... wenn die Kunden Herr ihrer Daten bleiben und das Unternehmen dennoch einen 360° Blick hat!

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Egal ob bei der korrekten Ansprache im Anschreiben oder E-Mailing, bei der Personalisierung der Website oder der relevanten Antwort auf eine Service-Anfrage - das kundenorientierte Handeln erfordert einen Zugriff und eine Auswertung von umfassenden Kundeninformationen. Das Kundendatenmanagement und die Qualität der Daten stellt dabei einen zentralen Erfolgsfaktor dar, die allzuoft in den Diskussionen um die Customer Experience zu kurz kommt.

Bereits im Vorlauf zur Shift/CX 2018 hatten wir das Thema in verschiedenen Beiträgen erörtert (siehe Diskussion der Convertr Studie, Herausforderung Datenintegration und das Interview mit Sven Lange (Modelyzer). Zentrale Aussage der Interviews und Diskussionen vor und während der letztjährigen Veranstaltung war, dass die Datenqualität und -korrektheit natürlich zentraler Erfolgsfaktor für ein positives Kundenerlebnis ist und dies nach wie vor eine große Herausforderung in den Unternehmen darstellt.

Diese Aussage bestätigen dann auch verschiedene Studien aus dem Herbst 2018 - die deutlich machen, dass es bei dem Thema in den Unternehmen noch großen Nachholbedarf gibt.

Das Kundendatenmanagement liegt im Fokus des digitalen Wandels und der CX-Orientierung

So wird laut einer Studie von TechConsult im Auftrag der Telekom zwar von mehr als 51% der befragten Unternehmen aller Unternehmensgrößen (n=566) die hohe Bedeutung einer systematischen Erfassung und Verarbeitung von Kundeninformation gesehen, aber nur 38% haben dies auch realisiert. Ähnlich verhält es sich dann auch mit dem Zugriff auf die Daten.

In einer Studie der Grohmann Business Consulting im Auftrag der Uniserv GmbH zum Kundendatenmanagement 2018 wurde unter den befragten Unternehmen (143 Fach- und Führungskräfte aus Unternehmen im deutschsprachigen Raum aller Branchen und Größen) festgestellt - dass nahezu die Gesamtheit (94%) Kundendaten als eine Grundvoraussetzung für eine gelungene Customer Journey sehen. "Dennoch sind viele Firmen – gleich welcher Branche – oftmals nicht zufrieden mit ihrem eigenen Daten-(qualitäts-)management. Knapp jeder Zweite (45 Prozent) bemängelt die Qualität seiner Kundendaten und stuft diese als niedrig ein. Somit wird zum einen der für die Kundenansprache wichtige 360-Grad-Blick auf den Kunden erschwert und zum anderen die Customer Journey verwässert." (Quelle)

"Die Ergebnisse der Trendstudie Kundendatenmanagement zeigen deutlich, dass sich die Unternehmen beispielsweise mit der Datenschutzgrundverordnung sowie auch mit der Notwendigkeit des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning mit erweiterten Herausforderungen konfrontiert sehen." - so Holger Stelz von Uniserv. Die Studie ermittelte dabei auch ein erhöhtes Interesse für die Optimierung der Themen Kundendatenmanagement und Datenqualität im Zusammenhang mit digitaler Transformation.

Lernpfad Customer Journey Management

Die Customer Experience braucht eine dynamische Datenintegration über alle Systeme mit 360° Blick auf den Kunden!

Eine wichtige Fragestellung in diesem Zusammenhang ist jene nach dem technologischen Integrationsansatz. In einer zunehmend Cloud-basierten Anwendungswelt, in der durch verschiedene Systeme zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Informationen über den Kunden erfasst und verarbeitet werden, erhalten die Herausforderungen für das technologische Konzept des Kundendatenmanagement eine neue Komplexität.

Als klassische Herangehensweise gilt immer noch der "Golden Customer Record", der die Kundeninformationen in einem Kundenstammdatensatz vereinigt. So schrieb der BI- & CRM-Experte Wolfgang Martin in 2013: "Der Golden Record oder Single Point of Truth stellt einen Stammdatensatz dar, der die relevanten Attribute aus allen Datenquellen vereinigt und damit eine Obermenge sämtlicher Attribute aus sämtlichen Datenquellen ergibt."

Das Problem des klassischen "Golden Customer Record"-Ansatzes ist, dass grundsätzlich der transaktionalen "Systems of Records"-Idee (siehe nachstehendes Schaubild von Dion Hinchcliffe) entspringt, die den Ansprüchen des dynamischen Engagement- und Experience-Zeitalters nicht mehr gerecht wird. Hieraus hat sich in der Folge das Konzept des "Golden Customer Profiles" ergeben - was wiederum als "virtuelle Datenquelle" in Dritt-Applikationen einsetzbar ist.

Im Raum steht dabei heute die Forderung nach einem "Customer Data Hub", der die Datenpunkte über die Transaktionen und Interaktionen mit dem Kunden zusammenführen und in Echtzeit verarbeiten, entsprechende Profile zur Nutzung in den analytischen und operativen Komponenten des Kundenmanagement bereitstellen und den Zugriff auf die entsprechenden Datenattribute nach entsprechenden Berechtigungs- und Zugriffskategorien bereitstellen kann.

George Corugedo (CTO von RedPoint Global - Anbieter einer CDH Lösung) beschreibt die Anforderungen an einen Customer Data Hub wie folgt: (Quelle)

  • Ingest both streaming and batch data. Customer data platforms are designed to accept any form of data, at any pace, in any volume. This flexibility in type and volume of data is crucial to unifying data across silos.
  • Manage customer data in real time. One of the most powerful aspects of a CDP is the ability to build and maintain a golden customer record at the speed of the consumer. The “golden customer record” includes every touchpoint or proxy identity the consumer presents, as well as a transactional record that includes behavioral and other triggers. A proxy identity could be a cookie, a social media handle, or even a smartwatch. A transactional record is a history of all transactions and interactions that the person represented by the proxy identity has had with the brand.
  • Maintain the golden customer record. Canonical customer records are only good if they’re kept updated. Any CDP worth the name needs to have the ability to keep each centralized customer record up-to-date at any pace, whether that is in minutes, seconds, or on demand.
  • Allow easy access to unified customer data. One of the key benefits of a customer data platform is accessibility. Most companies limit access to their data stores. This practice keeps data secure, but it also makes it harder for marketers and other end-users to react to customer inputs. CDPs allow business users to more readily access customer data when they need it. This accessibility is a key facet of any customer data platform.

Nun besteht die Welt der "Customer Data Plattformen" nicht aus dem einen Lösungsansatz - sondern aus einer Vielzahl von Konzepten. Grundsätzlich lassen sich dabei drei Grundtypen ausmachen:

  • CRM als integriertes Kundendatenmanagement - Auch wenn es im Sinne der besonderen Anforderungen an die "Customer Data Platform" durchaus Limitierungen hat, so ist doch die Nutzung der CRM-Lösung als zentrale Kundendaten-Managementplattform der am Weitesten verbreitete Ansatz. Auch bieten die aktuellen Lösungsansätze robuste Systeme mit standardisierten Schnittstellen, mit denen Drittsysteme nahtlose verknüpft werden können.
  • Customer Data Plattform als unabhängige Dateninstanz - Für größer gedachte Ansätze für eine ganzheitliches "Master Data Management" zu Kundendaten als Daten-Instanz für alle analytischen und operativen Ansprüche bieten sich eine Reihe von spezialisierten "Customer Data Hub"-Lösungen und allgemeinen "Master Data Management"-Lösungen.
  • Integration-as-a-Service-Plattform als Datensynchronisierung in der Cloud - Als relativ neuer Ansatz hat sich für das Cloud-Zeitalter die Lösungskategorie der "Integration-as-a-Service"-Plattformen entwickelt, die Daten zwischen autonomen Cloud-Systemen synchronisiert. Hierbei gibt es in dem Sinne kein "Golden Customer Record/Profile" - sondern eine in Echtzeit über alle Cloud-Systeme synchronisierte Datenhaltung.

Egal welcher Weg gewählt wird - wichtig für die CX-Strategie ist, dass die relevanten und notwendigen Daten für die kundenorientierte Ansprache und Interaktion in Echtzeit über alle Systeme verfügbar sind und sich auch ständig in Echtzeit aktualisieren.

Customer First ist die Datenhoheit in die Hände der Kunden legen  - nicht nur aus Gründen der DSGVO!

Last but not least - gilt es im "Customer Experience"-Zeitalter und dem "Customer First"-Gedanken folgend natürlich darum nicht nur aus Unternehmenssicht möglichst die besten Daten für die optimalste Ansprache und Interaktion zu haben - sondern die Hoheit über die Daten wiederum auch in die Hände der Kunden zurückzugeben. Dies ist weitgehend noch eine ungelöste Herausforderung. Hierbei geht es z.B. darum - dass Kontakte evt. unterschiedliche E-Mail-Adresse für unterschiedliche Zwecke nutzen möchten (z.B. die offizielle Firmen-E-Mail für die Service-Anliegen - den Bezug eines Mehrwert-Newsletters beim gleichen Unternehmen aber evt. über eine gesonderte E-Mail beziehen möchten). Diese individuellen Kontakt- und Datenverwendungszwecke müssen im Sinne des "Customer First"-Ansatzes in die Entscheidungshoheit des Kunden zurückgegeben werden.

Damit kommen die Unternehmen dann nicht nur der Erfüllung der rechtlichen Rahmenbedingungen der DSGVO nach - sondern bieten auch im Hinblick auf das Datenmanagement ein Kundenerlebnis.