
Bei der kommenden CeBIT diskutieren wir ja mit zahlreichen Experten über die digitale Transformation in Marketing, Vertrieb und Service. In der Vorstellung unseres Programmes bei verschiedenen Medienpartnern begegnet uns derzeit immer wieder die Frage – was ist nun das Besondere bei der digitalen Transformation von Marketing, Vertrieb und Service? Gerne wird auch angeführt – dass Marketing ja schon seit einiger Zeit online und digital sei und dass die Neuausrichtung der Marketing- und Vertriebsaktivitäten doch wohl nicht von Technologien geleitet sein dürfte.
Der digitalisierte Kunde als Antreiber zur digitalen Transformation
Wie schon verschiedentlich in den Artikeln in diesem Blog (z.B. hier, hier oder hier) erläutert, sehen wir eine grundsätzliche Veränderung, die sich über die letzten Jahre für den Bereich Marketing, Vertrieb und Service ergeben haben. Und diese liegt in der massenhaften Digitalisierung der Kunden – die nun zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation auf Ressourcen zugreifen können, digitale Services nutzen oder sich massenhaft mit Dritten auf digitalen Plattformen über Produkte austauschen können. Der Effekt dieser Digitalisierung über die massenhafte Verbreitung von Smartphones und Tablets sowie das vielerorts zur Verfügung stehende Breitband-Internet ist, dass die klassische Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer nun zunehmend ausgehebelt wird. Klassische Positionierungen über besondere Qualitäts- oder Produktmerkmale wie auch die immateriellen Werte einer Marke oder der Preise werden zum Zeitpunkt der Entscheidung für jeden Kunden überprüfbar. Selbstlernende Agentensysteme und sonstige kognitive Systeme - installiert auf den Endgeräten der Kunden - verstärken diese Entwicklung in naher Zukunft weiter. Unter dem Strich stellen sich hier nun neue Anforderungen an die Unternehmen, die ein radikales Umdenken erfordern – sowohl konzeptionell, technologisch als auch organisational. Neben der Rückbesinnung auf den Kunden als Mittelpunkt aller marktorientierten Aktivitäten muss der digitale Raum als neuer Gestaltungsraum verstanden werden. Hierfür braucht es die Auflösung von organisationalen und technologischen „Silo-Strukturen“ in den Unternehmen – was letztendlich die digitale Transformation in diesem Bereich ausmacht. Auf der CeBIT Digital Marketing & Experience Arena diskutieren wir vom 14. bis 18. März diesbezüglich drei wesentliche Aspekte, die ich im Folgenden noch etwas ausführen möchte:Digital Customer Experience als Kernelement der neuen Digital Leadership
Die Ausrichtung der marktorientierten Aktivitäten an der „Customer Journey“ der Kunden ist natürlich in Zukunft nicht nur für den digitalen Raum wichtig und notwendig, aber hier ist es erfolgsentscheidend. So erwarten die Kunden für die jeweilige Nutzungssituation „relevante“ und medial aufbereitete Inhalte. Das bedeutet, dass digitale Plattformen und die bereitgestellten Inhalte mobil und für das Teilen in sozialen Netzwerken optimiert sowie entlang des Nutzungskontextes inhaltlich angepasst sind. Neben den handwerklichen Optimierungen der digitalen Plattformen im Hinblick auf ihre "Nutzbarkeit" (Usability) erstreckt sich die Erlebnisorientierung in unseren Diskussionen über drei Dimensionen:- Digitale Inszenierung der Marke – z.B. durch Storytelling, Content Marketing, emotionale Aufbereitung der Inhalte (z.B. Bildsprache) und Inhaltedarbietung, digitale Erlebnis- und Interaktionskonzepte.
- Schaffung von digitalen Interaktionserlebnissen – z.B. durch die Optimierung des digitalen Nutzungserlebnisses, eine Personalisierung oder besondere interaktive Features und Darbietungskonzepte der Inhalte auf den digitalen Plattformen.
- Disruptive digitale Service-Komponenten – z.B. durch intelligente digitale Agenten für den Customer-Service-Fall oder digitale Produkterweiterungen wie z.B. Konfigurations- oder Bedien-Apps für das eigentliche Produkt.
Daten-basierte Marktbearbeitung in Echtzeit für eine höhere Reaktionsfähigkeit
Das zweite wichtige Thema, welches wir als aktuellen Treiber bei der digitalen Transformation in Marketing, Vertrieb und Service sehen, ist die „Daten-basierte Optimierung und Automatisierung“ im Marketing-Prozess. Als Schlagworte sind hier „Data Driven Marketing“, „Big bzw. Smart Data“ oder „Marketing Automation“ anzuführen. Im Kern geht es dabei um die Sammlung und Auswertung der Interaktionsdaten über die verschiedenen Kontaktpunkte und ihre unmittelbare Nutzung für die Individualisierung und Optimierung der Interaktionen in Echtzeit. Insgesamt ist das Thema sicherlich nicht neu, eine Untersuchung von Teradata aus dem vergangenen Jahr zeigt aber, dass das Thema „daten-getrieben/basiertes Marketing“ (im Vergleich zu einer Auswertung aus 2013) jetzt erst so richtig in Fahrt kommt: (Quelle)Der wesentliche Erfolgsfaktor im Rahmen dieses Ansatzes liegt einmal mehr in der ganzheitlichen Sicht auf den Kunden und die gesammelten Daten aus den Kundeninteraktionen. Die Güte und Reife der Umsetzung zeigt sich im Umfang der berücksichtigten Informationen und der damit verbundenen Einbeziehung eines Kundenwertmodells – wie ein schon etwas älterer Beitrag von IDC Analysten in Bezug auf den B2B-Bereich aufzeigt. Hier werden vier Entwicklungsstufen auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen „Data Driven Marketing“ unterschieden:
- A large majority of marketers (90%) wants to move beyond segmentation towards one-to-one personalization in a real-time interaction context.
- Faster decisions and more accurate decisions are reported as key benefits of using data in this real-time economy. Two-thirds of respondents cite speed and accuracy in decisions as key benefit.
- For 38% of respondents the major challenge is improving both customer acquisition and customer retention.
- 78% of marketers in the survey claim to use data systematically. In 2013 this was only 36%.
- Auf der ersten Ebene berücksichtigt das Marketing die klassischen digitalen Fußspuren wie Nutzungs- und Interaktionsdaten von den digitalen Plattformen sowie Daten aus digitalen Kampagnen. Dies sind dann auch die Daten, die klassischer Weise in den neuen Ansätzen der „(Web) Marketing Automation“ Ansätze verwendet wird. Die „Marketing Automation“-Ansätze haben weitgehend das Ziel über automatisierte und nutzenstiftende Interaktionen den Kunden zu qualifizieren und identifizieren. Die Empfehlungen für Aktionen werden hierbei vorwiegend aus der Analyse von anonymen Interaktionen generiert.
- Auf der zweiten Ebene integrieren die Ansätze auch die Vertriebsinformationen zum Kunden – sprich ob er/sie bereits Kunde war und welches Umsatzpotenzial hinter dem jeweiligen Kunden steht. Hier braucht es schon eine klare Identifizierung und Qualifizierung des Kunden und eine Integration der Vertriebssysteme bzw. E-Commerce-Lösungen.
- In der weiteren Reifeentwicklung sehen die IDC Analysten die Berücksichtigung aller Kosten bezüglich der Leistungserbringung. Sprich der Service-intensive Kunde wird eventuell anders behandelt als der wenig Kostenerzeugende Kunde.
- Auf der letzten Stufe steht in dem IDC Modell eine langfristige Kundenwertbetrachtung als Entscheidungsgrundlage für die Marketing-Aktionen.