Shift/CX Experience Marketing Blog

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Jenseits der Change-Floskeln: Was CX wirklich braucht, um in Organisationen wirksam zu werden

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Seit der Shift/CX-Konferenzwoche sind ein paar Tage vergangen und doch gibt es noch einiges aufzuarbeiten. Nach den Rückblicken auf die Keynotes sowie die Themenschwerpunkte Marketing Automation, Customer Service und Customer Journey Management widmen wir uns in diesem Beitrag dem vielleicht anspruchsvollsten Aspekt des CX-Managements: der organisatorischen Verankerung.

Im Mittelpunkt des letzten Konferenztags stand das Thema „CX Transformation Management & Governance“. Diskutiert wurde, wie CX nicht nur gedacht, sondern auch gemacht wird – über Führungsmodelle, Projektstrukturen, Governance-Prinzipien hinweg. Und über den Mut, sich mit Routinen, Silos und Machtfragen aktiv auseinanderzusetzen. Die Beiträge und Diskussionen machten eines deutlich: Wer CX nachhaltig im Unternehmen verankern will, muss gestalten, koordinieren – und manchmal auch unbequem sein.

Aus diesen Diskussionen haben wir fünf zentrale Empfehlungen herausgearbeitet, die zeigen, worauf es ankommt, wenn aus Ambition echte Wirkung werden soll. Damit greifen wir auch eine der Leitfragen der gesamten Woche auf: Was müssen wir im CX-Management anders machen, damit wir jetzt wirklich einen Schritt weiterkommen?

1. Führung neu denken: Von CX-Verantwortung zu CX-Verbindlichkeit

Kundenzentrierung beginnt nicht bei der Journey-Mapping-Methode, sondern bei der Haltung. Christine Krimmel erinnerte in ihrem Beitrag daran, dass wir CX nicht „installieren“ können – wir müssen es in der Organisation verankern. Und das gelingt nur, wenn Führung Verantwortung übernimmt: für Wirkung, nicht nur für Maßnahmen. Es braucht nicht nur ein Top-Management, das zustimmt, sondern eines, das sichtbar mitgeht. Und es braucht operativ eingebundene Teams, die den Wandel mitgestalten dürfen – nicht nur Prozesse, sondern auch Kultur.

Isabella Kosch hat den Gedanken in ihrem Beitrag dann noch weiter zugespitzt: CX-Leadership heißt nicht, Silos effizienter zu digitalisieren, sondern sie radikal zu hinterfragen. Ihre Forderung: Wer Kundenzentrierung ernst meint, muss Strukturen aufbrechen, die verhindern, dass Kundenerfahrungen ganzheitlich gedacht und gestaltet werden. Sie brachte das Konzept der „Experience Command Teams“ ins Spiel – bereichsübergreifende Führungsteams, die als Knotenpunkt für Kundenerlebnis, Service, IT und Business agieren.

Dass diese Form der kollektiven Verantwortung ein zentrales Element zukunftsfähiger CX-Organisationen ist, haben wir auch schon in einem Beitrag zur Konferenzwoche 2024 diskutiert: CX lässt sich nicht delegieren – es muss gemeinsam getragen, geführt und entwickelt werden. Die Führungsfrage ist damit keine Frage der Position, sondern der Haltung und der Struktur, in der Zusammenarbeit möglich wird.

Als neue Empfehlung können wir zu diesem Thema mitnehmen: CX braucht kollektive Verantwortung. Nicht eine zentrale Rolle, sondern verteilte Führung entlang der Customer Journey – mit Co-Ownership-Modellen, übergreifenden Teams und einer Führungskultur, die Verantwortung teilt statt verteilt.

Als Praxisgedanken sehen wir dahinter: Führung im CX-Kontext bedeutet, als Enabler:in zu agieren – mit klaren Rollen, partizipativer Steuerung und gemeinsamen Zielen. Experience Command Teams können der strukturelle Anker für diese geteilte Verbindlichkeit sein.

2. Umsetzungslücke schließen: Von der Einsicht zur Wirkung

Dass Unternehmen viel über Kundenerwartungen wissen, aber daraus zu selten konkrete Veränderungen ableiten, war ein wiederkehrendes Thema am Konferenztag. Judith Glüsenkamp beschrieb es als den „kleinen Schritt von der Erkenntnis zur Umsetzung“ – und genau dieser Schritt ist in der Praxis oft der schwierigste. CX-Messungen und Feedbacksysteme liefern kontinuierlich Daten, doch ohne klare Prozesse zur Priorisierung, Strukturierung und Verankerung verpufft ihr Potenzial.

Ihr Appell: Es braucht systematische Formate, um Erkenntnisse in Veränderungen zu übersetzen. Der CX-Sprint (siehe auch unseren letzten Beitrag zum Customer Journey Management) ist dabei ein Beispiel für ein strukturiertes Vorgehen, das nicht nur hilft, Maßnahmen zu definieren, sondern sie auch in die Umsetzung zu bringen. Ebenso entscheidend ist die frühzeitige Einbindung der relevanten Stakeholder, damit Veränderung nicht isoliert geplant, sondern gemeinschaftlich getragen wird.

Peter Pirner ergänzte diese Perspektive um eine organisationskritische Dimension. Viel zu oft, so seine Erfahrung, scheitert CX nicht am fehlenden Willen, sondern am fehlenden Mandat. Unklare Zuständigkeiten, widersprüchliche Zielsetzungen oder Ressourcenengpässe führen dazu, dass CX im operativen Alltag untergeht. Genau hier zeigt sich, wie wichtig eine strukturell verankerte Steuerungsfähigkeit von CX-Initiativen ist.

Die Lücke zwischen Analyse und Umsetzung war übrigens auch Thema des ersten Konferenztages - z.B. beim Beitrag von Ben Phillips wie auch auf vielen anderen Shift/CX Veranstaltungen. In einem früheren Knowhow-Beitrag haben wir bereits zentrale Aspekte benannt, die es beim Aufbau von Veränderungskompetenz im CX-Team braucht: Mitarbeiterbefähigung, Priorisierungslogik und operative Steuerung.

Als neue Empfehlung aus der Shift/CX 2025 können wir ergänzen: Unternehmen sollten Interventionslogiken entwickeln, die festlegen, wie mit bestimmten CX-Erkenntnissen konkret umgegangen wird. So wird aus Feedback nicht nur Einsicht, sondern gezieltes Handeln.

Und als praktischer Merksatz: Umsetzung ist kein Zufallsprodukt. CX braucht klare Routinen, abgestimmte Maßnahmenportfolios und vor allem eine Verbindlichkeit im Prozess. Erst wenn Feedback und Steuerung zusammenkommen, entsteht Wirkung.

3. Governance konkretisieren: Steuerung als Ermöglichung

Wenn über Governance gesprochen wird, denken viele zunächst an Kontrolle. Im Kontext von CX-Transformation meint Governance jedoch etwas anderes: Sie soll Orientierung schaffen, Verbindlichkeit ermöglichen und Komplexität handhabbar machen – insbesondere dann, wenn viele Beteiligte an unterschiedlichen Punkten der Customer Journey aktiv sind. Peter Pirner machte in seinem Beitrag deutlich, wie häufig es an genau dieser Orientierung mangelt: unklare Zuständigkeiten, fehlende Entscheidungsroutinen, keine greifbaren Budgets. Das Ergebnis: gute Absichten ohne strukturelle Durchschlagskraft.

In der Paneldiskussion zum Tages- und Konferenzabschluss wurde deutlich: Governance muss nicht blockieren, sondern koordinieren. Sie sollte die strategischen Zielbilder mit der operativen Realität verbinden, statt sich in Formalismen zu verlieren. Judith Glüsenkamp betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung eines kontinuierlichen Fortschrittsabgleichs – nicht im Sinne von Projektcontrolling, sondern als reflektierende Steuerung: Wo stehen wir? Wo braucht es Impulse? Was muss angepasst werden?

Eine tragfähige Governance entsteht dort, wo Verantwortlichkeiten sichtbar werden, Rollen transparent sind und Entscheidungswege nachvollziehbar bleiben. Projektlandkarten, Rollenmatrizen und abgestimmte Steuerungsroutinen können hier den Unterschied machen. In dem Rückblick auf die letztjährige Shift/CX Customer Journey Konferenz haben wir dabei herausgearbeitet, dass Governance im CX-Kontext kein Selbstzweck ist, sondern eine strukturgebende Kraft für konsistente Kundenerlebnisse – getragen von allen relevanten Einheiten.

Daraus ergibt sich als Empfehlung: Governance-Modelle im CX-Management sollten immer auf mehreren Ebenen denken – strategisch mit Zielbildern und Ressourcen, operativ mit Kompetenzteams und KPIs, und taktisch mit Umsetzungslogiken und Entscheidungsschleifen.

In der Praxis hilft eine klare Visualisierung – etwa in Form von CX-Projektlandkarten oder einer öffentlich einsehbaren Maßnahmenübersicht. Wer weiß, wer woran arbeitet und wofür verantwortlich ist, kann besser mitsteuern und schneller reagieren.

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4. CX als Lernsystem etablieren: Organisationen brauchen Feedback-Intelligenz

Customer Experience ist kein Zustand, sondern ein Prozess – und dieser Prozess lebt vom Lernen. In der abschließenden Paneldiskussion wurde deutlich, dass viele Unternehmen zwar umfangreiche Mengen an Feedback sammeln, dieses Wissen aber nur selten in strukturierte Veränderung überführen. Daten liegen vor, Erkenntnisse entstehen – aber die Verankerung in Entscheidungen und operativen Verbesserungen bleibt aus.

Die Diskussionsteilnehmenden betonten deshalb: CX muss als Lernsystem gedacht und gestaltet werden. Das bedeutet, Feedback darf nicht nur beobachtet, sondern muss kontinuierlich reflektiert und verarbeitet werden – in der Organisation, zwischen Bereichen und in der Führung. Nur dann wird aus Messung eine echte Weiterentwicklung.

Ein Vorschlag aus dem Panel war die Einführung von CX-Retrospektiven auf organisationaler Ebene. Nicht als isolierte Feedbackschleifen innerhalb von Teams, sondern als regelmäßiger Lernimpuls mit breiter Beteiligung. Der Vorteil: Rückmeldungen werden nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern in einem strukturierten Format auf Relevanz, Umsetzbarkeit und Wirkungspotenzial hin diskutiert.

Dass diese Lernkultur eine zentrale Voraussetzung für strategisches CX-Management ist, wurde auch bei dem schon angeführten Rückblick auf die Customer Journey Konferen 2024 betont. In unserem Rückblick dazu wurde deutlich, wie wichtig es ist, aus punktuellem Feedback kontinuierliche Verbesserungslogik zu machen – durch fest verankerte Lernprozesse und übergreifende Steuerungsformate.

Als ergänzende Empfehlung lässt sich hierzu aufführen: CX-Programme sollten gezielt als adaptive Systeme gestaltet werden – mit klar definierten Feedback-Loops, festen Rollen für Reflexion und institutionalisierten Austauschformaten.

Ein möglicher Praxisansatz: die Einführung eines monatlichen „CX Learning Review“. Dieses Format schafft Raum für abteilungsübergreifende Analyse, priorisierte Maßnahmenentwicklung und die Verankerung von Erkenntnissen im Arbeitsalltag. So wird aus Feedback keine Nebenaktivität, sondern ein strukturelles Element der Steuerung.

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5. Mut zur Konfrontation: Veränderung erfordert Unbequemlichkeit

Ein roter Faden, der sich durch viele Beiträge zog – teils ausgesprochen, teils unterschwellig –, war die Erkenntnis: Wer CX wirklich verändern will, muss bereit sein, Spannungen auszuhalten. Denn Kundenzentrierung bedeutet nicht nur bessere Erlebnisse zu schaffen, sondern auch, etablierte Routinen infrage zu stellen, bestehende Strukturen zu hinterfragen und mitunter interne Komfortzonen zu stören.

Christine Krimmel sprach davon, wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen – Führung muss nicht nur ermöglichen, sondern auch klar machen, wenn Kundenperspektiven im Alltag zu kurz kommen. Peter Pirner wiederum rückte das Spannungsfeld zwischen CX-Anspruch und Linienlogik in den Fokus. Viel zu oft scheitert CX nicht an mangelnder Erkenntnis, sondern an der fehlenden Bereitschaft, Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen zu ziehen – insbesondere dann, wenn sie unbequem sind.

In der Paneldiskussion wurde mehrfach betont, dass es im CX-Management Personen braucht, die Widersprüche benennen, Reibung zulassen und Veränderung aktiv einfordern – auch wenn dies nicht immer auf offene Türen stößt. CX-Manager:innen agieren damit nicht nur als Übersetzer:innen der Kundensicht, sondern auch als interne Challenger – mit klarem Blick, analytischer Stärke und der Fähigkeit, konstruktiv zu irritieren.

Diese Haltung wurde übrigens auch in unserem ersten Rückblick auf die Konferenzwoche angesprochen, als es um die Führungsdimension im Wandel ging. Dort wurde deutlich: Fortschritt in CX entsteht nicht nur durch neue Tools oder Prozesse, sondern durch mutige Menschen, die unbequeme Fragen stellen und damit den Raum für Entwicklung öffnen.

Aus dieser Diskussion lässt sich ableiten: Organisationen sollten die Rolle des „Challengers“ nicht dem Zufall überlassen, sondern bewusst strukturell absichern. Es braucht Formate, in denen kritische Beobachtungen willkommen sind – und Prozesse, die sicherstellen, dass diese Impulse nicht untergehen.

Eine mögliche Maßnahme: die Etablierung eines internen CX-Eskalationspfads oder Feedback-Boards, das regelmäßig mit Führungskräften und Umsetzungsteams besetzt ist. Denn wer Reibung zulässt, schafft Bewegung – und Bewegung ist die Voraussetzung für echten Wandel.

Fazit: Fortschritt entsteht da, wo Haltung, Struktur und Reibung zusammenkommen

Der Rückblick auf den letzten Konferenztag der Shift/CX-Woche zeigt deutlich: Wenn wir im CX-Management wirklich einen Schritt weiterkommen wollen, reicht es nicht, an Methoden oder Tools zu feilen. Entscheidend ist, ob wir bereit sind, Verantwortung zu teilen, Strukturen neu zu denken und Veränderung aktiv zu führen – auch wenn das unbequem wird.

Führung muss verbindlich werden, Umsetzung systematisch, Governance zur Ermöglichung. Gleichzeitig braucht es Feedbackintelligenz und eine Organisation, die bereit ist zu lernen – nicht nur über Kunden, sondern auch über sich selbst. Und vor allem: Es braucht Menschen, die unbequeme Fragen stellen, Reibung aushalten und damit Entwicklung möglich machen.

Diese fünf Empfehlungen aus dem Thementag „CX Transformation Management & Governance“ liefern konkrete Ansatzpunkte, wie CX nicht nur gedacht, sondern wirksam gemacht werden kann. Und sie zeigen: Die Antwort auf die zentrale Frage der Konferenzwoche liegt nicht in der nächsten Technologie – sondern im Zusammenspiel von Haltung, Struktur und konsequenter Umsetzung.

Wer Lust hat, diese Themen weiterzudenken und in der eigenen Organisation voranzutreiben, ist herzlich eingeladen zur Shift/CX Convention-Reihe 2025

In Frankfurt (15. Mai), Hamburg (4. Juni) und München (23. Oktober) diskutieren wir mit CX-Praktiker:innen und Entscheider:innen, wie wir gemeinsam Wirkung entfalten – und wie Kundenzentrierung zur gelebten Realität wird.

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